Drei Österreicher auf den Spuren von Mummery am Nanga Parbat,
8125m
Berichte von der Diama Expedition (Nanga Prabat)
Steilstufe am Diamagletscher vorm
5100m Lager
ABC 5700m
Gletscherbruch des Diamagletschers ca.
5400m - zwischen 5100m Lager und ABC
Clara beim Spuren am Beginn der NW
Flanke zum 6440m Lager
Markus erreicht Hochlager 6440m in der
NW Flanke
Skiabfahrt mit NW Flanke im
Hintergrund
Clara Kulich
Markus Gschwendt
Lager4 auf 7200m
Lager5 auf 7600m
Markus Gschwendt und Clara Kulich auf 7700m
knapp unterm Nordgipfel (7816m) mit Nanga Parbat N-Grat und
Hauptgipfel im Hintergrund. In der ursprünglich geplanten Rinne
sieht man die enormen Neuschneeinlagerungen.
Mit viel Gepäck geht es wieder
hinunter
---- TEIL1 ----
Mitte Mai starteten wir, Clara Kulich, Markus Gschwendt und Tommy
Steiner, eine Expedition zum Nanga Parbat. Die Besteigung soll vom
Diamatal aus über die Nordwestflanke erfolgen, eine Route, deren
Gesamtdurchsteigung noch keinem Team bis zum Gipfel gelang. Ob uns
dieses Vorhaben gelingt, hängt in großem Maße von den aktuellen
Wetter- und Schneeverhältnissen ab, die für das Scheitern unserer
Vorgänger verantwortlich waren. Große Neuschneemengen können im
unteren Bereich des Diamatals für enorme Lawinengefahr sorgen und
das Fortkommen in der Nordwestflanke unmöglich machen.
Die Idee vom "Nackten Berg"
Nanga Parbat einen Besuch abzustatten kam uns bei der Suche nach
einem interessanten Expeditionsziel, das nicht von kommerziell
organisierten Bergsteigern überlaufen ist und die Möglichkeit des
Höhenbergsteigen mit echtem Expeditionscharakter bietet. Das heißt,
eine noch teilweise unbegangene Route selbst zu erkunden, ohne
Bergführer und ohne zusätzlichen Sauerstoff. Hochträger werden nur
bis zum vorgeschobenen Basislager beim Materialtransport helfen. Im
Frühjahr 2007 zeigte Harry Grün, ein guter Freund und
Gebietskenner, Bilder von seiner Nanga Parbat Umrundung gespickt
mit historischen Anektoten zur Besteigungsgeschichte, wodurch
Markus und Clara ihre gemeinsame Faszination für diese 8000er
entdeckten. Markus beschäftigten in den vergangenen Jahren immer
wieder Gedanken an ein Nanga Parbat Expedition. Claras erste
Begegnung mit diesem Berg war während eines Akklimatisierungstreks
mit Hans Goger und Anita Maruna (2004) zur Märchenwiese am Fuße
dieses Gigantens. Es war der erste 8000er, dem sie gegenüberstand
und die Begeisterung führte zu einer intensiven Auseinandersetzung
mit diesem.
Auf neuem Terrain
Markus initiierte schließlich die Idee, anstatt des Normalweges
(Kinshofer Route), etwas Neues zu versuchen. Wenig später fixierten
wir während eines gemeinsamen Abendessens beim Chinesen eine
historische Variante über den Diama Gletscher anzugehen. Der dritte
im Team war schnell gefunden: Tommy vervollständigte
kurzentschlossen das Team, da auch er ein Freund selbst
organisierter und innovativer Unternehmen ist. Der geplante Anstieg
am Nanga Parbat enthält Abschnitte der 1991 bzw. 2000 unvollendeten
Versuche den Gipfel vom Diamagletscher über die Nordwestflanke zu
erreichen. Mummery war 1895 der erste Bergsteiger, der den einsamen
Gletscherkessel "Diama" zwischen dem 8125 m hohen Giganten im Osten
und dem 6600 m hohen Ganalo Peak im Westen erkundete und dabei für
immer verschwand. Wir wollen am nördlichen Ende dieses Kessels ein
vorgeschobenes Basislager auf 6050 m errichten, welches mit Hilfe
von Ski, Schlitten und Trägern eingerichtet wird. Von dort führt
die Route über eine Steilstufe, die 1500 m hohe Nordwestflanke und
schließlich vom Norden kommend auf den Gipfel. Den bisherigen
Expeditionen blieb der Gipfel wegen großer Neuschneemengen
verwehrt.
Full-time Job "Vorbereitung"
Die Erkundung eines neuen Anstiegs verlangt eine sehr intensive
Vorbereitung. Unsere Expedition hat daher eigentlich schon vor
vielen Monaten begonnen, als wir uns in die Nanga Parbat Literatur
vertieften, Foto und Kartenmaterial ausforschten und Materiallisten
zusammenstellten. Es ist nicht einfach sich auf eine Route
vorzubereiten, von der es wenig bis keine Informationen gibt, da
erst etwa drei Expeditionen jemals in dem schwierig erreichbaren
Diama-Tal unterwegs waren. Ein großer Zeitschlucker bei den
Vorbereitungen war die Finanzierung unseres Vorhabens. Diese
gestaltete sich schwierig, nicht zuletzt weil viele Unternehmen ihr
Marketing exklusiv auf die Fußball Europameisterschaften verlegt
hatten. Trotzdem konnten wir einige Erfolge verzeichnen. Wir
durften unser Projekt in Chamonix beim Millet Expedition Project
präsentierten und wurden von der Jury mit dem hervorragenden
zweiten Platz ausgezeichnet, was uns Geld- und Materialsponsoring
einbrachte. Alpine Vereine in Wien wie das Alpinreferat des
Alpenverein Edelweiss und die Bergsteigergruppe des ÖGV
unterstützen uns mit Leihgaben von Kommunikations- und
Sicherheitsausrüstung. Außerdem wurden wir durch Sachgüter des
Bergsportausrüsters Northland und die Firmen Adidas, EVN,
Komperdell und anderen, sowie finanziell durch das Unternehmen Die
Saat unterstützt. Die bergsteigerische Vorbereitung begann bereits
in den vergangenen Jahren durch die Besteigung einer Reihe hoher
Berge in Südamerika, Alaska und im Himalaja und durch unzählige
anspruchsvolle Touren in den Alpen. In diesem Jahr lag der
Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit als Team und so unternahmen wir
viel gemeinsam um uns auf den Nanga Parbat vorzubereiten.
Erster Bericht vor Ort
Am 16.Mai flogen wir von Wien nach Islamabad. Zwei Monate werden
wir in Pakistan verbringen, wo wir endlich das lang diskutierte und
geplante Unternehmen in die Tat umsetzen zu können. Die Gefühle
sind vielfältig: sprühender Tatendrang, Ungewissheit, Bewusstsein
bezüglich der zu erwartenden Risiken, Vorfreunde auf die
Naturschönheiten, aber auch Respekt vor den Naturgewalten. Dienstag
20.5.08 fahren wir über den Karakorum Highway nach Chilas, von wo
die Anreise ins Basislager beginnt. Bislang wissen wir nur, dass
der letzte Winter eher schneearm war. Was das für unser Vorhaben
bedeutet, werden wir bald herausfinden...
---- TEIL2 ----
Seit 40 Tagen sind wir (Markus und Clara) bereits am Nanga Parbat
unterwegs und unser Traum eine neue Route zu begehen zeigt erste
Erfolge.
Die Anreise gestaltete sich hart
Zuerst die unglaubliche Hitze in Rawalpindi (Islamabad), wo wir
letzte logistische Vorbereitungen wie Cargo, Einkäufe etc.
teilweise in Nachtschichten organisierten. Dann beschert uns der
Trek zum Basislager auf 4250m zunächst Mageninfektionen, dann
Flohbefall und schließlich jedem eine ordentliche Verkühlungen, die
wir die ersten 4 Tage im verschneiten Basislager aussitzen. Wir
erreichen alleine mit unseren 35 Trägern, 4 Saddars, 2 Köchen und
unserem Guide das Lager. Erst nach einer Woche stoßen Amical und
der DAV Summit Club hinzu, die die Kinshofer Route (Normalweg)
gehen wollen. Aus mit der idyllischen Ruhe - dafür lernen wir nette
Leute kennen.
+50°C im Labyrinth des Diama Gletscher
Wir befinden uns auf der Diamirseite des Nanga Parbat,
Ausgangspunkt aller Normalwegexpeditionen. Wir wollen allerdings im
Westen über den Diamagletscher zur NW Flanke des Berges gelangen
und von dort zum Gipfel aufsteigen. Der erste Erkundungsausflug
führt uns auf einen Grat (5350m) von wo aus wir in das Diamatal
blicken können. Der Gletscher ist tief verschneit und die riesigen
Spalten lassen sich nur erahnen. Schließlich steigen wir zum ersten
Kinshoferlager (4900m) auf von wo aus wir mit Schneeschuhen den
Diamagletscher bergauf steigen. Anfangs kommen wir auf der
orographisch linken Seite des Gletschers schnell voran, doch dann
sind wir plötzlich von meterhohen Eistürmen und Spalten umgeben.
Wir suchen ein paar Stunden die Türme ab und versuchen einen Weg
durch das Labyrinth zur anderen Gletscherseite zu finden, doch es
scheint kein Weiterkommen zu geben. Enttäuscht schauen wir uns an,
soll dies schon das Ende unserer ambitionierten Unternehmung sein?!
In einem letzten Versuch finden wir doch noch einen Durchschlupf an
einer Stelle, wo man es am wenigsten vermutet hätte. Zwischen
kleinen Eistürmen überwinden wir eine Stufe und stehen auf einmal
auf einem Seracband, welches in eine weite Gletscherlandschaft
mündet. Wir überschreiten den Gletscher zum anderen Ufer und finden
einen traumhaften Zeltplatz am Eis für unser erstes Lager auf
5100m. Im Lager 1 messen wir bis zu +50°C in der Sonne und +40°C
unter unserer Sonnenplane, ohne der eine Existenz untertags hier
nicht denkbar wäre! Die Hitze ist unser größtes Hindernis! Nanga
Parbat ist definitiv kein kalter Berg!
Spaltensturz und Errichtung des ABC 5700m
Die nächste Herausforderung stellt die Routenfindung vom Lager 1
zum vorgeschobenen Basislager "Advanced Base Camp" (ABC). Diesmal
stehen wir vor einer Landschaft von bis zu 50m hohen
Gletschertürmen, klaffender Gletscherspalten und überhängender
Seracs an den Talwänden. Sollen wir links, rechts oder in der Mitte
des Gletschers aufsteigen? Wir entscheiden uns für die Mitte und
finden tatsächlich einen Durchstieg über beeindruckende
Schneebrücken und Eistürme bis auf 5500m. Doch wollen wir diesen
Weg den Trägern nicht zumuten. Nach ein paar Tagen Exploration
finden wir eine brauchbare Route im Zickzack über die Spalten und
an den Türmen vorbei. Die Schrecksekunden, wenn wir abwechselnd bis
zum Oberschenkel in Spalten einbrechen, sind uns bereits zur
Gewohnheit geworden, und die Sicherheit des Seils, das uns
verbindet ist uns sehr präsent. Nach etwa zwei Wochen erreichen wir
unseren Lagerplatz fürs ABC auf 5700m am Ende des Talkessels des
Diamagletschers, genau unterhalb des Ganalo Peak. Nun können die
Träger beim Materialtransport zum ABC helfen, doch diese Rechnung
geht nicht auf. Wir sind gerade im ABC als uns ein Funktspruch
erreilt: "Arif has fallen into a crevasse. You have to come down
immediately." Wir packen unsere Skier und fahren etwas wackelig in
unseren Expeditionsschuhen angeseilt den Gletscher hinab und finden
unsere Träger im Lager 1 vor. Arif war 5m in eine Spalte gefallen
und hat sich einige Prellungen und Schürfwunden geholt. Ansonsten
geht es ihm gut. Er stieg sogar nochmals hinab um den Rucksack und
das Funkgerät zu bergen. Wir sind erleichtert, aber auch besorgt,
dass soetwas nochmals passieren könnte. Dazu kam noch, dass wir zu
dem Zeitpunkt noch immer auf unsere Besteigungsgenehmigung (Permit)
warteten und ein Unfall dieser Art Schwierigkeiten verursachen
konnte.
Ein neuer Plan: Ohne Träger ins ABC
Nach dem Spaltensturz des Hochträgers ändern wir unseren Plan:
Anstatt das ABC voll zu versorgen, wollen wir die Route ab Lager
ohne Träger besteigen. Das heißt, wir müssen ab 5100m alles selbst
tragen. Am nächsten Tag ziehen wir mit fast 30kg schweren
Rucksäcken Richtung ABC los, mit Material um ABC und weitere
Hochlager einzurichten: Zelte, Isomatten, Schlafsäcke,
Gaskartuschen und Essen für mindestens 15 Tage. Die Hitze und die
Rucksäcke drücken uns zu Boden und nach 10 stündiger Quälerei, die
um 3 Uhr morgens begann erreichen wir das ABC.
Hochlagerkette: Moses und die NW Flanke
Im ABC richten wir uns häuslich ein: "stilles Örtchen", Sonnenzelt
und Bombshelter (4-Mann-Zelt) beschreiben den neuen Fokus unserer
Sesshaftigkeit. Wir erkunden den Talkessel nach einer halbwegs
sicheren Aufstiegsvariante über die NW Flanke. Umgeben von
gigantischen Hängegletschern mit irren Seractürmen probieren wir
verschiedene Varianten geistig durch. Ursprünglich wollten wir über
die Diamascharte aufsteigen, doch der Anblick der eisigen steilen
Flanke und der unerwarteten Seracs lässt Zweifel aufkommen. Bei
einem abendlichen Erkundungsspaziergang eröffnete sich uns
plötzlich eine schmale, gut gangbare, Unterbrechung im Seracsockel
am unteren Ende der NW Flanke. Dieser Anstieg könnte vielleicht
sogar mit Skiern passierbar sein! Wie Moses am Roten Meer stehen
wir vor dieser überraschend einfachen Lösung. Ganz so simpel
gestaltet sich der Durchstieg dann doch nicht: Am nächsten Morgen
quälen wir uns in dieser stellenweise über 40 Grad steilen Gasse
zwischen Eistürmen im Nebel durch teilweise hüfttiefen Sulzschnee.
Nur 30 bis 50 Höhenmeter pro Stunde legen wir mit schweren
Rucksäcken und Skiern am Rücken zurück. Nach dem Jojosystem
arbeiten wir uns in den nächsten Tagen mit Zwischendepots von
Lagerplatz zu Lagerplatz die Flanke bis auf 7200m empor. Dann ist
Schluss. Nach 3 Nächten über 7000m und einer schlechten
Wettervorhersage für die nächsten Tage beschließen wir den Abstieg
und ein paar Ruhetage bevor wir den Gipfel versuchen wollen.
Bruchharsch wird zum wahren Horror... mit zu großen
Expeditionsschuhen, kurzatmig von der 7000er Luft und geschwächt
von 20 Tagen in Hochlagern fahren wir auf allen nur vorstellbaren
Schneearten bis zum 5100m Lager ab. Drei Wochen ständig auf engstem
Raum, in schmalen Hochlagerzelten, bzw. im Maximalabstand von 12m
am Seil lassen auch unter guten Freunden persönliche Probleme
aufkommen und erweckt Sehnsucht nach Kontakt mit anderen Menschen.
Diamagletscher nicht wiederzuerkennen
Was uns unterhalb des ABC erwartet, hätten wir uns nicht erträumen
können. Unsere Markierungsfähnchen wurden von der Sonne zu Fall
gebracht und von etwas Neuschnee zugedeckt. Meterbreite Spalten,
eingestürzte und abgeschmolzene Türme haben die Charakterikstik
unserer Aufstiegsroute stark verändert. Mit etwas Phantasie und
Sucharbeit finden wir den Weg zu den Zelten im Lager 1 wieder.
Diese stehen wie Schwammerln auf 1m hohen Schneesockeln in einer
mit Schutt bedeckten Eislandschaft.
Relaxen im Basislager - Und was noch kommt...
Jetzt sind wir wieder im Basislager und relaxen bei der herrlichen
Küche unserer Köche auf der mit Edelweiss durchsetzten Blumenwiese.
Mit Freuden und viel Essen werden wir empfangen. Abends gibt es
eine riesige Pakistaniparty mit Gesang und Tanz in unserem
Küchenzelt zu Feier unserer Fortschritte auf der neuen Route. Tags
darauf versammeln sich alle Expeditionen in der Mitte des Camps zu
einer Base-camp Party um den DAV-Summitclub zu verabschieden, der
bereits am Normalweg erfolgreich war. Nun wollen wir wieder
aufsteigen. Diesmal ist das Ziel der Gipfel. Was uns über 7500m
erwartet wissen wir noch nicht so genau. Gehen wir den Grat wie
Buhl, die Rinne daneben, oder zwingen uns die Verhältnisse zum
Gipfelnormalanstieg? Dies ist die Ungewissheit, aber auch die
Verlockung einer Erstbegehung! Danke fürs Mitfiebern und haltet uns
die Daumen!
---- TEIL 3 ----
Vermutlich erste Gesamtbegehung der NW Flanke des Nanga Parbat!
Zwei Tage Ruhe gönnen wir uns im Basislager, dann müssen wir wieder
los, da die Zeit zu unseren Flügen zurück nach Österreich knapp
wird. Wieder müssen wir den langen Weg in den Talschluss des
Diamakessels zurücklegen, wo unser ABC auf 5700m liegt. Zwei Tage
kostet uns dieses Unterfangen. Diesmal kommen allerdings Arif und
Shams mit, zwei Hochträger, die auf uns im ABC warten werden,
während wir unseren Gipfelversuch starten.
Lawinengefahr und Teilerfolg 7750m
Nach einem Ruhetag im ABC, dessen Nacht Clara zuerst brechend und
dann mit Durchfall wenig genießen kann, steigen wir ins 6440m Lager
auf. Leider haben wir ab dann mit dem Wetter wenig Glück. Es gibt
viel Neuschnee und wir spuren bis spät in die Nacht ins nächste
Lager auf 7200m. Als zusätzlicher Ballast zum schweren Rucksack
kommt noch der ungute Schnee dazu. Er klebt nicht nur an den
Fellen, sondern türmt sich auch auf der Skioberseite. Da fragt man
sich mal wieder warum man das eigentlich macht. Ab 7200m befinden
wir uns auf Neuland. Wir wollen das Lager um 400-500m nach oben
verschieben, was uns aufgrund der Neuschneemengen zwei statt einem
Tag kostet. Der Weg ist schließlich leicht zu finden und unsere
geplante Route geht voll auf. Erschöpft erreichen wir einen netten
Platz zum Zelten auf 7600m nahe dem Nordgipfel. Es ist bereits die
vierte Nacht oberhalb von 7000m, was wir am nächsten Tag, dem
Gipfeltag, stark spüren. Der vorhergesagte Wetterbericht stellt
sich nicht ein. Bei eisigen Winden verlassen wir das Zelt und es
ist schnell klar, dass der Gipfelgrat bei diesen Verhältnissen
nicht begehbar sein wird. Wie sich bald herausstellt steht auch die
Rinne zum Gipfel wegen Lawinengefahr außer Diskussion. Die dritte
Möglichkeit den Gipfel zu besteigen, der Abstieg von 400m in die
Bazhinmulde und der Aufstieg über den Normalweg stellen auch keine
brauchbare Alternative dar. Damit bleibt uns nur der Abbruch an
dieser Stelle auf 7750m. Eine etwa einstündige windfreie Phase gibt
uns Gelegenheit ein paar Fotos vom Gipfelaufbau zu machen. Dann
wollen wir noch auf den Nordgipfel, der nur noch 60 Höhenmeter
entfernt liegt. Doch nun macht das Wetter ganz zu und wir schauen,
dass wir bei der schlechten Sicht überhaupt wieder zum Zelt
zurückfinden.
Der Abstieg
Nach einer zweiten Nacht auf 7600m rutschen wir im
unprofessionellen Seitabrutsch-Stil 2000 Höhenmeter ab. Das liegt
nicht zuletzt an den ständig wechselnden Schneebedingungen. Der
Schnee hat manchmal einen Haschdeckel, manchmal stollt er, generell
ist er "bockig". Außerdem werden die Rucksäcke von Depot zu Depot
schwerer und übersteigen bald die Hälfte unsres Körpergewichts.
Schließlich zogen wir sogar noch in drittes Gepäckstück nach. Im
Dunkeln erreichen wir den Diamagletscher, auf dem uns die beiden
Träger entgegenkommen. Beim Abtransport unserer Ausrüstung ab 5800m
sind sie uns behilflich. Gleich um 5 Uhr am nächsten Morgen stehen
wir wieder auf den Skiern und fahren mit der gesamten Hochlager-
und ABC Ausrüstung zunächst ins 5100m Lager und dann ins Basislager
ab. Unsere treuen Träger sind noch fleißig uns räumen das Depot im
5100m Lager, während wir bereits mit dem Packen im Basislager
beschäftigt sind.
Resumee
Mit Schwung lenkt unser Fahrer bereits einen Minibus gefüllt mit
ca. 300kg Expeditionsgepäck den Karakorum Highway hinunter. Zeit
zum Sinnen, was diese zwei vergangenen Monate gebracht haben. Die
(vermutliche) Erstbegehung der NW Flanke hat uns 50 Tage harter
Arbeit am Berg und zumindest vier Monate intensivster
Vorbereitungen in Österreich gekostet. Unsere Erwartungen für diese
Expedition waren bescheiden. Ein Scheitern am Diamagletscher sahen
wir als realistischen Endpunkt, zugleich hatten wir aber den Gipfel
als möglichen Erfolg im Hinterkopf. Mit dem Erreichen aller unserer
Kleinziele rückte der Gipfel immer mehr in den Mittelpunkt. Leider
blieb er uns diesmal verwehrt. Ein bisschen Enttäuschung schwingt
schon mit, doch sind wir uns dessen bewusst, dass wir auch Grund
zur Zufriedenheit haben: Wir haben als vermutlich erste die NW
Flanke vollständig begangen (zumindest haben dies unsere
Nachforschungen bislang ergeben, falls ihr mehr über die
Besteigungsgeschichte wisst, informiert uns bitte) und das in einem
kleinen Team von zwei Freizeitalpnisten. Um über zehn Prozent
unseres Körpergewichts erleichtert, ziemlich müde, aber gesund
feiern wir unseren Erfolg!
Markus und Clara