Kleiner Ödstein
 
 
Südostwand
Waidhofener Weg, 4-5
17 Seillängen.
Abstieg: 400 bis 500m abklettern zum Gamssteinsattel, 2.Grad
 
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Diese Eintragung in unserer Tourenpartnerbörse hat anscheinend nicht allzu verlockend geklungen.

Die kurze Bemerkung über den (leider notwendigen) Abstieg war wohl eher abschreckend und wurde durch ein verheißungsvolles Foto einer bildschönen Wasserrillenplatte aus dem Xeis-Führer nicht aufgewogen.

Aber Christian war fest entschlossen, diese Tour noch 2005 an Land zu ziehen, und blieb beharrlich, wenn auch mit Hintergedanken
("na ihr seids ma Alpinisten...").

Nach der Bereinigung von Wetter- und Terminproblemen blieben nur noch drei Unentwegte übrig, Bärbel, Hans und Christian, und sie bildeten eine Dreierpartie an einem wolkenlosen Samstag Mitte Juni.

(Unentwegte = Die sich den Weg nicht nehmen lassen)

Abends beim Johnsbacher Kölblwirt beschlossen, um 5h aufzustehen, abendgegessen, im Bett geräkelt, tramhappert aufgestanden, ansatzweise gefrühstückt, den Wald hinaufgewankt, den "Mini-Gletscher" samt Randkluft am Wandfuß beäugt, eine schon anwesende Seilschaft abgewartet, grasige Felsbuckel hochgestiegen und gequert, schließlich mit zunehmender Munterkeit die sich langsam aufsteilende Wand hochgeturnt, dann
Wasserrillen,
Wasserrillen,
Wasserr...

Wunderschön und etwas schmerzhaft:

Wasserrillen.

Teils seicht, gerade für die Finger- und die Zehenspitzen.

Dann wadltief, O-beinig zu gehen, Rille links, Rille rechts,
den scharfkantigen Steg dazwischen zum Krallen.

Und plötzlich geht gar nichts mehr.

Der Schuh steckt fest, die Wasserrille hat sich darin verbissen wie ein Hund.

Beim Versuch, sich loszureißen, läuft man Gefahr, rücklings aus der Platte zu kippen.

Glücklicherweise gibts einen Haken, halt dich fest (reine Notwehr - hat mit technischem Klettern nichts zu tun) und reiß ihr den Schuh gewaltsam aus dem Maul.

Er sieht schlimm aus.

(Heisst nicht die Nachbarroute "Gummikiller"?)

Je höher, desto toller, die Kletterei ist nun wirklich traumhaft!

Die beiden Männer vermissen bei Bärbel ein wenig die erwartete Begeisterung:

(12. Seillänge:)

"Ja, mir gefällts eh gut"
-- "des klingt aber net ganz überzeugend..."

(13. Seillänge:)

"Also Christian, jetzt werd ich aber richtig euphorisch!"
-- "na liab, hast des öfter...?"

(15. Seillänge:)

"Das is ja richtig toll!"
-- "na endlich..."

Gutmütiges Geblödel.

Eine bildschöne, steile Fünfer-Seillänge, wandig, mit nur mehr angedeuteten Rillen, und noch eine Länge, dann ist der Ausstieg erreicht.

Christian, wie immer gipfelhungrig, braucht dringend den Blick hinüber ins Ennstal und gibt sichs noch bis zum Gipfelkreuz des Kleinen Ödsteins.

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Alles endet irgendwann, auch die Gipfelrast fällt schließlich dem Abstieg zum Opfer.

Blaue Markierungen, wie gut!

Abklettern, abklettern, ab-

-wo?

Ganz nach vor gehen, senkrecht runterschauen, tatsächlich, da geht er weiter, dieser "Zweier", traut sich was!

Die ersten paar Mal lachen wir noch.

Bis der Zweier dann durch eine Steinschlagrinne "sickert", in der alle Trümmer unabhängig von ihrer Größe nicht nur locker sind, sondern auch wirklich abgehen.

Bis er eine Gras-und-Fels-Kanzel nicht nur senkrecht nach unten verlässt, sondern in einzelnen Metern sogar ein bisschen hängt.

(Zitat Oliver König: "üüberhängendes Zweiergelände!" - mit verhaltener Abscheu ausgesprochen)

Am coolsten bleibt noch Hans: "I kenn de Gsäus-Schluchten, de schaun halt net besser aus..."

Der Abstieg zum Gamssteinsattel wird nach unten immer schlimmer, hat aber gegenüber dem "Kirchengrat" den Vorteil, dass wegen der Steilheit "was weitergeht", dass er einfach früher endet.

Bei Nässe wärs allerdings grimmig.

(Zitat Willi End: "mehr gefährlich als schwierig")

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Beim Kölblwirt werden noch diverse Köstlichkeiten durchprobiert, für die es gestern wegen der späten Stunde nicht mehr gereicht hat, und nachdem Hans einen ordentlichen Kaffee getrunken hat, fährt er ruhig und sicher nach Hause, während Christian vor sich hin döst und Bärbel hinten auf der Bank einschläft.

Ein wunderschöner Aufstieg,
ein grauslicher Abstieg,
zum Glück wars net umgekehrt!

 


Mauszeiger aufs Bild bringt den Untertitel.  

Link : Gasthof Kölblwirt  

Text, Fotos und Gestaltung:
Christian Faltin 2005
Update: 1.5.07 Christian Faltin

Das Schneefeld am EinstiegDie Randkluft

Die Wand steilt sich auf

Die Wand bekommt Rillen

Eine Lärchengruppe steht mitten in der Wand

Tiefe Wasserrillen

Ja, mir gefällts eh gut!

Alpen-Lein

Rast am Ausstieg

Großer Ödstein hinter dem Gipfelkreuz des Kleinen Ödsteins

Beginn des Abstiegs zum Gamssteinsattel

Wasserfall oberhalb vom Wolfbauern